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DENKBILD VI

UTOPIE?

Centrum van de Geschriften, Haifa  
 

Zentrum zum Studium der Heiligen Texte und (Hintergrund) Bahá’í-Archiv

 

Die Realität der Hoffnung

Seit hundertfünfzig Jahren zieht die Geschichte an. In immer kürzeren Zeitbeständen ändern sich die Sachlagen der Menschenwelt. Nach Maßgabe der klassischen Mechanik erfolgt die Änderung eines Verlaufs unter der Einwirkung von Kräften. Offenbar wirken auch Kräfte in der Geschichte. Die Physik weiß davon aber nichts. Doch außer Körpern gibt es innere Tatbestände, für die die Naturwissenschaften nicht zuständig sind. So äußert sich in der Geschichte die Kraft der Evolution von einfachen zu immer komplexeren Einheiten.

Staaten bremsen die Entwicklung

So wie aus der spurlosen Information im DNA einer einzigen befruchteten Eizelle ein ganzes Individuum erwächst, so erwächst aus einfachsten sozialen Anfängen langsam der Organismus der modernen, aneinander wachsenden Menschheit. Das Endstadium des Nationalstaats war im 19. Jahrhundert erreicht; nationale Kriege sind seit dem 20. Jahrhundert nicht mehr zu gewinnen; den (mühsamen) Übergang in die politische Lebensform der Vereinten Nationen erleben wir zur Stunde. Gegen diesen Wachstumsdruck sträubt sich die Masse der Staaten nach dem Trägheitsprinzip. An einem kritischen Zeitpunkt aber kommen die Völker in vorwärtse Bewegung um drohendem Unheil zu entrinnen. Dieser Moment kann geschichtlich bald kommen.

Zielgerichtete Kräfte der Zeit

Auch die Geschichte ist als Entwicklungsvorgang so komplex, so dass es über Sinn und Ziel nur philosophische Theorien gibt. Es ist aber offenkundig, dass die Menschenwelt momentan schneller denn je zusammenwächst. In Analogie zum Ersten Newtonschen Gesetz bedeutet dies, dass in dieser zeitgeschichtlichen Dynamik äußere Kräfte am Werk sind. Das Hineinwachsen in eine höhere, friedsame und sozial ausgewogene Lebensform ist ein Traum der Menschheit; ein prophetisches Versprechen und in Anbetracht der sich zuspitzenden Weltlage so aktuell, dass die auf die Zeit einwirkende Kraft nicht einfach blind sein kann. In der Offenbarung Bahá'u'lláh wird dieser geopolitische Vorgang denn auch als Ausdruck des höchsten Willens voraussagt. Im Grunde kann dadurch keine andere Weltpolitik mehr gelingen als die der Vereinigung der Völker.

Der tote Punkt des Krieges

Bahá'u'lláh ächtet im Namen höherer Gewalt den Krieg, auch den „Kampf auf dem Wege Gottes“ (den Dschihad). Er warnt lange vor Anbruch des Atomzeitalters vor einer der Materie innewohnenden Gefahr, deren Freilegung politische Reife erfordere, die der Mensch erbringen könne.

"Seltsame, verblüffende Dinge gibt es in der Erde", warnte er. "Diese Dinge sind imstande, die ganze Erdatmosphäre zu verwandeln, und eine Verseuchung mit ihnen wäre tödlich."

Mit der Atombombe war Mitte des 20. Jahrhunderts der militärgeschichtliche Plafond erreicht. Die der Materie innewohnende Zerstörungskraft hat im Grunde alle weitere Rüstung ins Absurde platziert. Die anachronistischen Kriege des 21. Jahrhunderts sind technisch bereits historische Nachhutkämpfe. Im kommenden Staatenbund der Welt wird es nur noch Fälle militärischer Gewalt Aller gegen den Einen geben, der den Weltfrieden bricht. Außenpolitik wird es vielleicht erst wieder geben, wenn der Mensch in ferner Zukunft mit außerirdischen Mächten in Berührung kommen sollte – vielleicht, in mehr als tausend Jahren.

Ursache der Beschleunigung

Den wissenschaftlich-technischen und geopolitischen Beschleunigungen ab der Mitte des 19. Jahrhunderts ist eine Theophanie vorausgegangen – eine göttliche Erscheinung, die sich in dem für uns wahrnehmbaren Beobachtungsbereich als Geburt einer Religion ausdrückt – die der Bahá’í-Religion im Jahre 1844. Kennzeichnend für diese neue geistige Weltordnung ist die Lehre von einem einzigen Gott, der sich dynamisch offenbart, jeweils für Phasen der Evolution, und die dabei das Kennvermögen sowohl antreibt als auch berücksichtigt. Dadurch ist das Wissen in unserer Zeit sprunghaft gestiegen. Durchschnittliche moderne Menschen wissen mehr als große Gelehrte in vergangenen Jahrhunderten. Doch es fehlt an entsprechender Weisheit und Einsicht in die Lage der Welt. Hier kann die neue Religion mit Information nachhelfen. Diesem Ziel dient zum Beispiel diese Site.

Ein Traum muss verwirklicht werden

Der Traum von einer Welt in Gerechtigkeit und Frieden muss um des Lebens willen wahr werden. Es gibt keine sinnvolle Alternative für den geopolitischen Gottesfrieden, da durch die bereit liegenden ABC-Waffen strategisches Unheil droht. Doch der welthistorische Erlösungsprozess vom Krieg geht mit hartnäckigen Wehen einher. Gleichzeitig nimmt uns die Entwicklung technisch schon mit auf eine Zeitreise nach morgen. Wir können auf Kometen schießen, Atome schreiben lassen, Sterne chemisch analysieren, die es nicht mehr gibt. Unsere Maschinen fliegen zu anderen Planeten und tauchen in Nanosphären unvorstellbarer Winzigkeit. Wir dekodieren die Schrift der genetischen Information und enträtseln Geheimnisse, die vor Tausenden Jahren ins Grab gesunken sind. Selten bedenken wir, was wir schon wissen seit die neue Zeit läuft. Kein Mensch weiss mehr, was wir alles wissen. Datenströme über Makro- und Mikrokosmos treten über die Ufer aller Speicher. Nie zuvor hat der Mensch so viel gewusst wie wir heute schon wissen. Milliarden Hirne sind im Grunde schon vernetzt. Unsere Welt gleicht nur oberflächlich noch der Welt von gestern, da wir ihr im Verständnis hinterher hinken. 

Eine Analyse der Gegenwart

Auszüge aus einer weltpolitischen Betrachtung

Die Internationale Bahá'í-Gemeinde hat vor der Wende des Millenniums eine Denkschrift mit dem Titel herausgegeben „Wer schreibt die Zukunft?“. – Hier einige Auszüge.

Die Hauptabsicht der Botschaft Bahá'u'lláhs ist die Erklärung der Wirklichkeit als etwas, was primär geistiger Natur ist, und die Darstellung der Gesetze, die das Funktionieren dieser Wirklichkeit beherrschen. Diese Darstellung betrachtet nicht nur den einzelnen Menschen als geistiges Wesen, als eine "mit Vernunft begabte Seele", sondern betont nachdrücklich, dass das gesamte von uns als Zivilisation bezeichnete Unterfangen auch einen geistigen Prozess darstellt. 

Während Bahá'u'lláh die herrschenden Dogmen des Materialismus ablehnt, stellt er diesen eine ganz entgegengesetzte Interpretation historischer Abläufe gegenüber. Die Menschheit - Pfeilspitze der Evolution des Bewusstseins - durchläuft Stadien, die mit den Entwicklungsphasen eines Säuglings, Kindes und Jugendlichen im Leben eines einzelnen Menschen vergleichbar sind. Die Reise hat uns an die Schwelle unserer lange ersehnten Reife als vereinte Menschheit gebracht.

In seinen Sendschreiben an die politischen und religiösen Führer seiner Zeit schrieb Bahá'u'lláh, dass in den Völkern der Erde neue Fähigkeiten von unermesslicher Macht erwachten, die das Vorstellungsvermögen der damals lebenden Generation überstiegen und die bald danach das materielle Leben auf dem Planeten verändern würden. Er sagte, es sei unbedingt erforderlich, diese künftigen materiellen Fortschritte zur moralischen und gesellschaftlichen Entwicklung zu nutzen. Wenn nationalistische und sektiererische Konflikte dies verhindern sollten, dann werde materieller Fortschritt nicht nur Vorteile, sondern bisher nie vorgestellte negative Konsequenzen haben.

Die zentrale Frage, mit der sich alle Völker - egal, welcher Nation, Religion oder ethnischer Herkunft - auseinandersetzen müssen, sagt Bahá'u'lláh, ist die Schaffung der Grundlagen für eine globale Gesellschaft, die die Einheit der menschlichen Natur widerzuspiegeln vermag. Die Vereinigung der Bewohner der Erde ist weder eine weit entfernte utopische Vision, noch eine Angelegenheit, bei der wir überhaupt die Wahl haben. Diese Vereinigung stellt die nächste unausweichliche Phase im gesellschaftlichen Entwicklungsprozess dar, eine Phase, zu der alle Erfahrungen der Vergangenheit und Gegenwart uns hindrängen.

Erst wenn die Existenz diese Tatsache erkannt und in Angriff genommen wird, können die unseren Planeten quälenden Probleme gelöst werden, denn alle wesentlichen Herausforderungen des Zeitalters, in das wir eingetreten sind, sind global und universell und nicht auf Einzelaspekte oder Regionen beschränkt.

Die vielen Textstellen in den Schriften Bahá'u'lláhs, in denen es um das Erreichen des Reifealters der Menschheit geht, sind durchdrungen von der von ihm verwandten Lichtmetaphorik, die die verwandelnde Kraft der Einheit ausdrückt:

So mächtig ist das Licht der Einheit, dass es die ganze Erde erleuchten kann.

Wenn die gesellschaftliche und intellektuelle Entwicklung tatsächlich eine Reaktion auf eine allem Existierenden innewohnende moralische Intelligenz ist, dann beinhalten viele der Theorien, die zeit­genös­sische Entscheidungsmethoden bestimmen, schwerwiegende Fehler.

Wie groß der Aufruhr auch sein wird - die Zeitperiode, auf die sich die Menschheit derzeit zubewegt, wird jedem Individuum, jeder Institution und jeder Gemeinschaft dieser Erde bisher nicht dagewesene Möglichkeiten eröffnen, die Zukunft des Planeten mitzugestalten. "Bald", so verspricht Bahá'u'lláh voller Zuversicht, "wird die heutige Ordnung aufgerollt und eine neue an ihrer Statt entfaltet werden".   

Der vollständige deutsche Text online: link →
Englische Originalfassung: link →

 

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