Baha'i Denkbilder
Bahá'í? Bahá’u’lláh? Gott? Offenbarung? Religion? Utopie? Mensch? Sterben? Zufälle?

INTRO
TOOLS
BILDER



VERNUNFT UND GLAUBE
SCHLÜSSELBEGRIFFE
VORTRÄGE
BAHAIQUEST MAGAZINE logo quest

 © GCV


DENKBILD IV

OFFENBARUNG?

Graftempel van de Báb

TTerrassen zum Schrein des Künders von Bahá'u'lláh.

 

Kommunikation zwischen zwei Welten

 

Wenn Gott Seine Propheten zu den Menschen sendet, ist Seine Absicht eine zweifache. Die erste ist, die Menschenkinder aus dem Dunkel der Unwissenheit zu befreien und sie zum Lichte wahren Verstehens zu führen, die zweite, den Frieden und die Ruhe der Menschheit zu sichern und alle Mittel bereitzustellen, durch die beides erreicht werden kann.

[Bahá'u'lláh, Ährenlese]

Offenbarung ist eine Art Datenübertragung von Oben nach Unten. Dabei wird Information vermittelt, die aus den eigenen Untersuchungen des Menschen nicht folgen. Die Erforschung der Wirklichkeit stößt auf die natürlichen Grenzen der Natur. Immanuel Kant hat das gut erklärt. Dabei denkt der Mensch so lange er denkt, dass es über den Wolken von Verstand und Vernunft einen Himmel geben könnte mit einem mächtigen Gott. Zwischen ihm und diesem höchsten Sein, dem Relativen und Absoluten, ist eine Verständigung nur möglich über eine Art Schnittstelle der beiden Systeme.

Auf dieser Grenzfläche von Himmel und Erde, Gott und Mensch, erscheinen in historischen Intervallen die Offenbarer. Die von Ihnen ausstrahlende Energie ändert die Welt wie ein physikalisches Arbeitsvermögen. Sie treibt die Evolution der Menschheit an, in dem sie herausfordende Zeitumstände schafft. Gleichzeitig erwachen Einsichten und Antriebe, die sich in zwischenmenschlichen Bindungen äußern. Menschen fühlen sich in ihren Wertvorstellungen verbunden. Es entstehen geschichtlich immer größere sozialpolitische Ordnungen. So sind aus Stämmen die Stadtstaaten geworden und daraus die Nationen und ihre Kulturen. Ein solcher Vorgang geht jetzt gleichzeitig auf der ganzen Welt vonstatten.

Die damit verbundene Dynamik nehmen die Menschen spätestens in den „Tagesthemen“ wahr; den Anstoß des weltweiten Kraftakts aber erfahren sie nicht, außer sie suchen Kontakt mit der Offenbarung von Bahá'u'lláh. Die darin enthaltene Information handelt von einem neuen Weltbürgertum – dem Menschen, der die Erdkugel als seine Heimat im All erfährt und den Gott, der über Allen, Allem waltet. Es ist der Gott aller Religionen, jedoch in einem neuen Licht der Realitäten, die komplexer werden, global:

Ende der Welt, Anfang der Welt

Alle Völker der Welt haben die Pflicht, ihre Gegensätze auszugleichen und in vollkommener Einigkeit und in Frieden im Schatten des Baumes Seiner Obhut und Gnade zu wohnen. Es geziemt ihnen, sich an das zu halten, was an diesem Tage der Erhöhung ihrer Stufe und der Förderung ihres eigenen Besten dient ... Bittet den einen wahren Gott, da Er allen Menschen gnädig beistehe, das zu erfüllen, was in Unseren Augen annehmbar ist. Bald wird die heutige Ordnung aufgerollt und eine neue an ihrer Statt entfaltet werden.“

[Bahá'u'lláh, Ährenlese 4]

Alle religiösen Bekenntnisse sind auf einen „Omegapunkt“ der Evolution gerichtet, einen Zustand des gemeinschaftlichen Bewusstseins, den Bahá'u'lláh als „Großen Frieden“ bezeichnet. Im Abendland wird man dieses Ziel als das Reich Gottes auf Erden erkennen können, dessen Kommen das Vaterunser erbittet.

Die herrschenden Glaubenslehren erschweren dieses Kommen durch ihre Theologien. Dabei sind sie selber einst durch eine gleichartige Theophanie vom Himmel in die Welt gekommen. Alle Religionen haben einen Anfang in der Geschichte gehabt und ein Ende vor sich. Die versunkenen antiken Religionen belegen dies. Wenn die Seele einen Organismus verlässt, auch den einer Glaubensgemeinschaft, verliert er letztendlich auch die Form. Der ihnen innenwohnende Geist Gottes aber lebt weiter in der nächstfolgenden Stufe der Religiosität. Wirkliche Wahrheiten bleiben wahr; bedachte oder beschlossenen Lehrsätze jedoch nicht. Gottgläubige Dogmen können Gott unglaubwürdig machen. Der weitsichtige Teilhard de Chardin hatte daher schon ein neues christliches Glaubensbekenntnis gefordert, das Nicäa durch ein neues Bild und eine neue Lehre von Christus ersetzen solle. „Er sprach sogar von einer neuen Menschwerdung Gottes in aktueller Form.“

[www.Heiligenlexikon.de , Pierre Teilhard de Chardin]

Geoffenbarter Geist der Einheit

Die Offenbarer Gottes haben noch nie einen herrschenden Zustand gutgeheißen. Immer aber haben sich Ihnen die Mächte der Geistlichkeit mit allen Mitteln widersetzt, sie gekreuzigt oder verbannt. Dennoch wurden Sie die Triumphatoren der Geistesgeschichte. Die ganze Welt kennt ihre Namen. Jeder Gotteskünder hatte Seine eigene menschliche Biographie, doch sprachen Alle nur von dem einen, einzigen Gott, dessen Geist sie verkörperten. Sie kamen als gemeinsame Erzieher zu den Menschen, auf die Schule Gottes mit den vielen, immer höheren Klassen. Klassenziel ist immer eine nächsthöhere Stufe der inneren und äußeren Zivilisation.

Bahá'u'lláh „bestätigt die großen Religionen der Vergangenheit in ihrer Gültigkeit und bekräftigt die von allen göttlichen Boten verkündeten ewigen Wahrheiten:

die Einheit Gottes, die Nächstenliebe, den sittlichen Zweck des Erdenlebens.“ Zugleich beseitigt Er im Namen Gottes „Elemente früherer religiöser Rechtssetzungen, die heute die notwendige Welteinheit und Neuordnung der Menschheit behindern“.

[Einführung des Gesetzbuches Bahá'u'lláhs, des Kitáb-i-Aqdas]

Der Einzelmensch kann sich spontan bekehren. Das hat sich zu allen Zeiten gezeigt und zeigt sich jetzt wieder, wo Gott die Glaubenswelt der Vergangenheit zurechtrückt für die Zukunft. Bahá'u'lláh lehrt, dass der Geist Gottes das innere Werden der Menschheit antreibt und die Geschöpfe bewegt. Offenbarung ist dabei ein Erleuchtungsvorgang der Geschichte. Die Bahá’í Schriften sprechen von „fortschreitender Offenbarung“, die mit dem Erscheinen Bahá'u'lláhs einen neuen Gipfelpunkt der Erlösung aus dem Dunkel des Unwissens erreicht hat.

Gott als Erscheinungsbild

In einer Offenbarung erscheint Gott als Ebenbild wie die Sonne im Spiegel, die am Himmel stehen bleibt. Gott kommt nicht, geht nicht, sondern ereignet sich als Manifestation. Bahá'u'lláh offenbart:

Wisse mit Bestimmtheit, dass der Unsichtbare in keiner Weise Sein Wesen Fleisch werden lassen und den Menschen enthüllen kann. Er ist und war immer unermesslich erhaben über alles, was sich aufzählen oder wahrnehmen lässt. [-] Er, der ewig vor den Augen der Menschen verborgen bleibt, kann nie anders als durch Seine Manifestation erkannt werden, und Seine Manifestation kann keinen größeren Beweis für die Wahrheit ihrer Sendung erbringen als den Beweis Ihrer eigenen Person. - Wer sie erkennt, hat Gott erkannt. Wer auf ihren Ruf hört, hat auf die Stimme Gottes gehört, und wer die Wahrheit ihrer Offenbarung bezeugt, hat die Wahrheit Gottes selbst bezeugt. Wer sich von ihnen abwendet, hat sich von Gott abgewandt, und wer nicht an sie glaubt, hat nicht an Gott geglaubt. [-] Jeder von ihnen ist der Pfad Gottes, der diese Welt mit den Reichen der Höhe verbindet, und das Banner Seiner Wahrheit für alle in den Reichen der Erde und des Himmels. Sie sind die Manifestationen Gottes unter den Menschen, die Beweise Seiner Wahrheit und die Zeichen Seiner Herrlichkeit.

[Bahá'u'lláh, Ährenlese, 46-47]

Der Bahá’í Glaube lehrt „unzweideutig, ohne den geringsten Vorbehalt“, dass die verbreiteten Religionen „göttlich im Ursprung, identisch in ihren Zielen, einander ergänzend in ihren Aufgaben, kontinuierlich in ihrer Zielsetzung und unabdingbar in ihrem Wert für die Menschheit sind“.

[Shoghi Effendi, Die Weltordnung Bahá'u'lláhs]

Er lehrt aber gleichzeitig ihre unausweichliche Versöhnung:

„Die Begründer der großen Religionen hatten zwei Aufgaben. Die eine bestand darin, den Pfad Gottes von dem Schutt zu säubern, den die Menschen aufgehäuft hatten. Die andere war, Ziele für den gesellschaftlichen Fortschritt zu setzen. Jeder Religionsstifter gab dieselben Grundlehren; den Glauben an einen einzigen Gott, das Gesetz der Liebe, die Brüderlichkeit der Menschen und das ewige Leben. Das Hauptbedürfnis unserer Zeit ist eine gerechte Weltordnung, und höchstes Ziel jedes Bahá'í ist es, die Einheit der Menschen zu fördern.“

[Bahá'u'lláh, Sieben Täler – Vier Täler, Vorwort]

Die Manifestationen Gottes

Schlüssel zum Verständnis der neuen Religion

In der Mitte aller Lehren des Bahá’í Glaubens steht die Gestalt der Manifestation Gottes, denn diese neue Religion lehrt einen Gott, der völlig unvorstellbar ist und der sich zugleich in allen Welten zu erkennen gibt, und zwar so wie es das Fassungsvermögen ihrer jeweiligen Bewohner erlaubt. Alle Wahrheit ist relativ, da durch die Grenzen der Einsicht vorgegeben. In den Bahá’í Schriften erscheinen alle Offenbarer, die das Mosaik der religiösen Erfahrung der Menschheit geschichtlich geprägt haben, vor allem aber Jesus Christus und der Prophet Mohammed. Alle haben denselben unvergleichlichen Rang, auch wenn sich ihr Wirken in der irdischen Realität unterschieden haben mag. Sie manifestieren ausnahmslos den einen, einzigen Gott und bilden dadurch eine ewige Einheit. Die Religionen können ebenfalls zur Einheit gelangen, wenn sie sich auf ihren Quell besinnen. Bahá'u'lláh ist die Manifestation Gottes für das neue Zeitalter der Menschheit. Seine Offenbarung ist die Hörbarkeit einer Theophanie, die alle vorangegangen göttlichen Erscheinungen übertrifft, weil die neue Welt so viel mehr verstehen kann, von Gott, dem Universum und von sich selbst.

[Juan R.I. Cole, The Concept of Manifestation in the Bahá’í Writings,
Bahá’í Studies 9 (19820: 1-38]

Die Einheit der Gottgesandten

Nach den Worten Bahá'u'lláhs sind „alle Propheten Tempel der Sache Gottes“ in „verschiedener Tracht“. Sie wohnen Im selben Heiligtum“, sitzen „auf demselben Thron“ und verkünden „denselben Glauben“.
– „Alle Manifestationen Gottes haben eine zweifache Stufe. Die eine ist die Stufe reiner Geistigkeit und Wesenseinheit. In dieser Hinsicht bist du, wenn du sie alle mit einem Namen benennst und ihnen dieselben Eigenschaften zuschreibst, nicht von der Wahrheit abgeirrt.“
– Und weiter: „Wenn darum eine dieser Manifestationen der Heiligkeit verkündet: »Ich bin die Wiederkunft aller Propheten«, so spricht Sie gewisslich die Wahrheit. Ebenso ist in jeder folgenden Offenbarung die Wiederkunft der früheren Offenbarung eine festbegründete Tatsache.“

- [Bahá’u’lláh, Ährenlese, 48-49]

Eine Initiative von Gunter C. Vieten und niederländischen Bahá’ís und Freunden
Design durch René Steiner von Steiner Graphics, Genf – Toronto